Der geneigte Leser sei gewarnt: die Lektüre dieses Artikel kann und will kompetenten Rechtsrat im Einzelfall nicht ersetzen, sie soll lediglich einen Überblick über die Problematik geben und so zum rechtzeitigen Gang zum Anwalt ermuntern.
Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung
Schutz für Ihr Unternehmen und Sie selbst
Meist unerwartet geraten Menschen in eine Situation, in der sie nicht mehr wirksam am Rechtsverkehr teilnehmen können, z.B. durch einen unglücklichen Huftritt, einen Sturz beim Springen oder während eines Ausrittes im Wald. Ursache kann aber auch eine Erkrankung oder ein altersbedingter Abbau der Fähigkeiten sein. Ohne entsprechende Vollmachten können Ehepartner oder sonstige Angehörige nichts unternehmen. Sowohl hinsichtlich der Führung des Familienbetriebes als auch hinsichtlich der medizinischen Behandlung ist man nun Fremden ausgeliefert. Denn in diesem Fall gelten Regelungen im Testament nicht, da der Testierende noch lebt, so dass das Vormundschaftsgericht einen Betreuer bestellt. Die Anzahl der Betreuungen in Deutschland ist sprunghaft angestiegen und hat bereits die Millionengrenze überschritten. Mit der Bestellung eines Betreuers werden die Entscheidungen über die eigene Lebensgestaltung in fremde Hände gelegt. In einer Pressemitteilung anlässlich des 6. Vormundschaftsgerichtstags heißt es: „Jeder, der sich nicht privat mit einer Vorsorgevollmacht, einer Betreuungs- und/oder Patientenverfügung vorsorgt, riskiert, dass über Nacht Behörden, unterbesetzte Gerichte und unausgebildete Berufsbetreuer über sein Schicksal, sein Leben und sein Sterben gegen oder ohne seinen Willen entscheiden“.
Betreuungen können jedoch durch entsprechende privatrechtliche Vorsorge vermieden werden. Die Betreuung ist im Gesetz dem Prinzip der Erforderlichkeit unterstellt. Sie ist nach § 1896 Abs. II Satz 2 des BGB dann nicht erforderlich, „soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten... oder durch andere Hilfe, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können“. Dies ist dann der Fall, wenn eine rechtlich wirksame Vollmacht erteilt wurde, die alle diejenigen Bereiche abdeckt, für die sonst ein Betreuer bestellt werden könnte. Dies reicht von der Vermögenssorge über die Gesundheitssorge bis zu dem Recht, den Aufenthalt des Betreuten bestimmen zu können. Man spricht hierbei von einer „Vorsorgevollmacht“, die häufig eine sogenannte Patientenverfügung beinhaltet.
Die Patientenverfügung gibt den behandelnden Ärzten wesentliche Hinweise, wie der Patient behandelt werden will, und ob er zum Beispiel bestimmte Behandlungen nicht oder nur für kurze Zeit will.
Bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht ist jedoch zu bedenken, dass viele der im Umlauf befindlichen Musterformulare rechtlich bedenklich sind und häufig nicht anerkannt werden. Die Erstellung einer Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung setzt erhebliches Fachwissen und die Zeit voraus, die persönlichen Lebensvorstellungen des Einzelnen ausführlich zu besprechen, um sie dann im Wege einer individuellen Regelung rechtlich abzusichern. Nur mit einer die tatsächlichen Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigenden Vollmacht wird Selbstbestimmung für die Zeiträume gewährleistet, in denen aus welchen Gründen auch immer der Vollmachtgeber selbst seinen Willen nicht mehr klar und deutlich und verbindlich ausdrücken kann. Natürlich setzt eine solche Vollmacht ein erhebliches Vertrauen in den von ihm Bevollmächtigten voraus. Aus diesem Grunde, aber auch, um eine solche Vorsorgevollmacht in den Augen des Vormundschaftsgerichts ausreichend zu gestalten, ist dringend die Einsetzung einer Kontrollinstanz zu empfehlen.
Als Bevollmächtigter bzw. als zur Kontrolle Bevollmächtigter kommen in erster Linie Angehörige oder gute Freunde in Betracht. Es kann allerdings auch ein Dritter, zu dem man entsprechendes Vertrauen hat, eingesetzt werden, wie ein Rechtsanwalt, ein Arzt, ein Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer. Wesentlich ist, dass die bevollmächtigten Personen mit den persönlichen, ggf. auch den beruflichen Verhältnissen des Betroffenen vertraut sind, seine Wünsche und Vorstellungen kennen und das Vertrauen besteht, dass seine Interessen vollständige gewahrt werden.
Gerade in den Fällen, in denen die Angehörigen weiter entfernt leben, empfiehlt es sich, eine Person des Vertrauens, die am Ort lebt, zu bevollmächtigen und die Kontrolle durch ein an einem anderen Ort lebendes Familienmitglied durchführen zu lassen.
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Frank Richter, Rechtsanwalt und Jan Häussling, Rechtsanwalt, Lehrbeauftragter für Arbeitsrecht an den Universitäten Mainz und Bonn
Frank Richter, Heidelberg
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