Wie man mit Handpferd eine Straße überquert…
Das OLG Celle, Urteil vom 23.01.2002, 20 U 42/01, hatte über ein ungutes Zusammentreffen eines Pferdes mit einem PKW zu entscheiden. Es ging hierbei von einer jeweils hälftigen Haftung aus.
Der PKW fuhr angeblich mit knapp 50 km/h. Die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h darf indes nur unter günstigsten Bedingungen gewählt werden. Solche Bedingungen lagen hier nicht vor, denn es herrschte Dunkelheit und es regnete. Die durch Regen und diffuse Lichtverhältnisse bedingten Sichtbehinderungen entlasten die Klägerin nicht, führen vielmehr dazu, dass zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer eine Geschwindigkeit zu wählen war, die deutlich unter 50 km/h lag. Sollte hingegen eine frühere Erkennbarkeit und damit eine rechtzeitige Reaktionsmöglichkeit gegeben gewesen sei, dann muss ihr der Vorwurf gemacht werden, nicht rechtzeitig genug reagiert zu haben.
Aber auch der Beklagte hat schuldhaft seine Pflichten als Verkehrsteilnehmer verletzt. Als Fußgänger hatte er den in der Nähe befindlichen Fußgängerüberweg zu benutzen und die Straße ohnehin nur unter ständiger Beobachtung des fließenden Verkehrs und Beachtung dessen Vorrangs überqueren dürfen. Zudem war er als Führer eines Pferdes in dieser Situation zu besonderer Vorsicht verpflichtet. Die Beleuchtungsvorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StVO mag nicht direkt die Situation beim Überqueren einer Fahrbahn im Auge haben, statuiert jedoch nur die Mindestanforderungen. In einer viel gefährlicheren Situation als der bloßen Benutzung der Fahrbahn in Fahrtrichtung war für weithin sichtbarere Erkennbarkeit zu sorgen, es sei denn, es konnte aufgrund der Örtlichkeiten und der Verkehrssituation ausgeschlossen werden, dass das Pferd für einen anderen Verkehrsteilnehmer als unvermutetes Hindernis auftauchte. In diesem Zusammenhang vermag den Beklagten auch nicht zu entlasten, dass die Klägerin möglicherweise durch eine objektiv unnötige Panikreaktion selbst für die beträchtlichen Schäden an dem Pkw verantwortlich war. Theoretische Reaktionen eines versierten Kraftfahrzeugführers müssen außer Betracht bleiben. Typische Instinktreaktionen aus der Situation des Erschreckens heraus sind grundsätzlich zurechenbar. Dazu gehört namentlich das instinktiv eingeleitete Ausweichmanöver.
Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist, zumal die außergerichtlichen Anwaltskosten des Angegriffenen in der Regel nie vom Angreifer zu erstatten sind.
Frank Richter, Heidelberg
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